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Widerrufs-Joker kaltgestellt? BGH darf nicht entscheiden

Bremen – Der Bundesgerichtshof hat gestern ein von Verbraucherschützern lange erwartetes Urteil um den sogenannten Widerrufs-Joker absagen müssen. Der Rechtsstreit bezieht sich auf die unbefristete Möglichkeit, Immobilienkredite mit hohen Zinsen zu widerrufen, sofern in der Widerrufsbelehrung zum Kreditvertrag ein Fehler versteckt ist. Diese Möglichkeit besteht sogar noch für einige Jahre nachdem der Kreditvertrag eigentlich beendet wurde, so sehen es die meisten Oberlandesgerichte.

Quellenangabe: "obs/metaclaims Sammelklagen FinanzierungsGmbH/Johanna Baumann/(c) schlogger.de"
Quellenangabe: “obs/metaclaims Sammelklagen FinanzierungsGmbH/Johanna Baumann/(c) schlogger.de”

Nach Recherche der Verbraucherzentralen sind bis zu 80% der Immobilienkredite auf diese Weise widerrufbar. Die Kreditkunden sparen mit einem Widerruf die sonst übliche Vorfälligkeitsgebühr. Diese verlangen Banken, wenn sie einen Kunden vorzeitig aus einem zinsgebundenen Kreditvertrag entlassen. Wird der Vertrag jedoch nachträglich widerrufen, entfällt auch die Rechtsgrundlage für die Vorfälligkeitsgebühr und diese muss zurückgezahlt werden.

Inzwischen haben sich viele Banken auf den Rechtsstreit so eingestellt, dass sie den späteren Widerruf von Krediten grundsätzlich ablehnen. Dabei stützen sie sich auf die wenigen Oberlandesgerichte, die noch in ihrem Sinne urteilen. Sie berufen sich darauf, dass ein Widerruf nach einigen Jahren verwirkt oder gar rechtsmissbräuchlich sei. Von Verbraucherjuristen wäre erwartet worden, dass der BGH sich gegen die Verwirkung ausspricht. Für diese Annahme spricht, dass mit dem nun abgesagten Termin bereits zum zweiten mal in Sachen Kreditwiderruf ein BGH-Urteil von einer Bank verhindert wird.

Die beklagte Bank hat mit den vor den BGH gezogenen Klägern nämlich jeweils einen Vergleich abgeschlossen, über dessen Inhalt dann Stillschweigen bewahrt wurde. “Die Verbraucher werden mit der Absage des Urteils um eine Klarstellung gebracht. Diese hätten sie dringend gebraucht, nachdem immer mehr Banken sich zur Verteidigung auf die Verwirkung des Widerrufsrechts berufen haben”, erklärt Jurist Sven Hezel.

Seine Firma metaclaims aus Bremen stellt Sammelklagen gegen die Banken ING-DiBa, DSL und DKB auf. Diese Banken waren Verbraucherschützern durch gehäufte Fehlerquellen in den Widerrufsbelehrungen aufgefallen. “Die bisher 36 Teilnehmer an unseren Sammelklagen haben widerrufen und wollen von ihrer Bank die Vorfälligkeitsentschädigung zurück.”, so Hezel.

Er geht davon aus, dass auch diese Sammelklagen, die mittlerweile Nummern 9 bis 11 seiner erst fünf Jahre alten Firma sind, Erfolg haben werden: “Ich habe hier ein Déja Vu zum Rechtsstreit um die Kreditbearbeitungsgebühren. Dort hat auch der BGH zunächst nicht entscheiden dürfen. Aber durch unsere rechtzeitigen Sammelklagen konnten sich unsere Teilnehmer sicher sein, dass ihre Ansprüche zunächst nicht verfallen. Bis das BGH-Urteil kam.”

Kreditnehmer, die eine Vorfälligkeitsentschädigung an die ING DiBa, DSL oder DKB gezahlt haben, können sich an metaclaims wenden, um die Aufnahme in die Sammelklage anzufragen. Kosten entstehen lediglich im Erfolgsfall, da metaclaims das Kostenrisiko der Klage trägt und im Gegenzug ein Drittel des zurückgeholten Geldes erhält.

Wer eine Vorfälligkeitsgebühr bezahlen musste, sollte bald handeln. Wahrscheinlich am Dienstag, den 21. Juni 2016 endet der Widerrufs-Joker, wie es ein Gesetzesentwurf vorsieht. Die Zeit spielt also für die Banken. Ein BGH-Urteil ist bis dahin nämlich derzeit nicht mehr in Sicht.

Quelle: ots

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