In Zeiten von steigender Inflation, wachsender Altersarmut und immer komplexeren Finanzprodukten ist finanzielle Bildung wichtiger denn je. Dennoch zeigen zahlreiche Studien, dass viele Menschen in Deutschland grundlegende Kenntnisse im Umgang mit Geld, Krediten, Versicherungen oder Altersvorsorge vermissen lassen. Dieses Defizit hat nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche Folgen – von privater Überschuldung bis zu einer ineffizienten Vermögensbildung.
Finanzielle Bildung: Ein vernachlässigtes Schulfach
Während Schüler:innen in Deutschland früh mit Algebra, Lektüreanalysen und Naturwissenschaften konfrontiert werden, bleibt das Thema Finanzen meist außen vor. Zwar existieren vereinzelt wirtschaftsbezogene Inhalte in Fächern wie Politik oder Sozialkunde, doch eine strukturierte, praxisnahe finanzielle Allgemeinbildung fehlt weitgehend im Lehrplan. Viele Jugendliche verlassen die Schule, ohne zu wissen, wie ein Konto funktioniert, wie man eine Steuererklärung macht oder welche Versicherungen sinnvoll sind.
Wie andere Länder es besser machen
Ein Blick ins Ausland zeigt: Es geht auch anders. In Ländern wie Estland, Schweden oder Australien ist finanzielle Bildung fester Bestandteil des Schulunterrichts. In den USA gibt es in vielen Bundesstaaten verpflichtende Kurse in „Personal Finance“, bei denen Schüler lernen, Haushaltsbudgets zu führen, Kreditkartenverträge zu verstehen oder für die Rente zu sparen. Estland wird oft als Vorreiter genannt – das baltische Land integriert wirtschaftliches Grundwissen ab der Grundschule und belegt regelmäßig Spitzenplätze in internationalen Studien zur Finanzkompetenz.
Initiativen für mehr Aufklärung – Aber reicht das?
In Deutschland gibt es inzwischen einige vielversprechende Initiativen. Projekte wie „Finanztest in der Schule“ (von der Stiftung Warentest), „MoneyFit“ (von der Postbank) oder das Schulbank-Projekt des Bankenverbands versuchen, junge Menschen für Finanzthemen zu sensibilisieren. Auch einzelne Bundesländer, wie Baden-Württemberg oder Sachsen, testen Modellversuche für Wirtschaftskunde als Pflichtfach. Doch diese Maßnahmen bleiben oft auf freiwilliger Basis oder hängen vom Engagement einzelner Lehrer:innen ab – eine flächendeckende Lösung ist das nicht.
Warum finanzielle Bildung mehr als ein Schulprojekt ist
Ein grundlegendes Verständnis von Geld, Konsum, Sparen und Vorsorge ist heute eine Schlüsselkompetenz – vergleichbar mit Lesen oder Rechnen. Wer früh lernt, mit Geld umzugehen, trifft später bessere Entscheidungen und kann Risiken wie Verschuldung oder Altersarmut eher vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es jedoch mehr als punktuelle Projekte: Es braucht eine Bildungsoffensive, die finanzielle Allgemeinbildung verbindlich in die Lehrpläne aufnimmt und Lehrkräfte entsprechend qualifiziert.
Aufholen statt aufschieben
Deutschland hat beim Thema finanzielle Bildung einen erheblichen Nachholbedarf. Angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft ist es höchste Zeit, junge Menschen auf ein selbstbestimmtes und finanziell stabiles Leben vorzubereiten. Andere Länder zeigen, dass dies machbar ist – jetzt liegt es an der Politik, den Bildungseinrichtungen und der Gesellschaft, diesem Thema endlich den Stellenwert zu geben, den es verdient.
Quelle: ARKM Redaktion