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Telekom – verhindert die Nähe zum Staat den Breitbandausbau?

Kritiker behaupten, die Vernetzung der Telekom und der Bundesregierung bevorteile das Telekommunikationsunternehmen und ist ein Grund für den langsamen Ausbau der Internetinfrastruktur. Nun muss die EU-Kommission entscheiden, ob die Telekom den Ausbau des Netzes mittels Vectoring vorantreiben darf. Das ruft allerdings einige Kritiker auf den Plan.

Zuletzt stand die Telekom in den Schlagzeilen, da sie an der Übernahme des deutschen Wettanbieters Tipico interessiert war. Die Telekom ist bislang mit 64 Prozent an der Deutschen Sportwetten GmbH (DSW) beteiligt, ging aber bei den Verhandlungen mit Tipico leer aus. Die Investmentfirma CVC erwarb schließlich 60 Prozent der Anteile des Wettanbieters.

Nun steht die Telekom erneut im Fokus der Medien und auch der Politik, da sie den Netzausbau nicht in dem Maße vorantreibt, den Experten für sinnvoll halten. Ein Grund hierfür sei die enge Verflechtung mit dem Staat, der 31,8% der Anteile an der Telekom hält.

Die Telekom möchte einen möglichst kostengünstigen Breitbandausbau vorantreiben, was nicht für alle ausreicht. Bildquelle: 360b– 191167640 / Shutterstock.com
Die Telekom möchte einen möglichst kostengünstigen Breitbandausbau vorantreiben, was nicht für alle ausreicht. Bildquelle: 360b– 191167640 / Shutterstock.com

Erst nach einer vollständigen Privatisierung der Telekom und damit einhergehenden fairen Wettbewerbsbedingungen gelinge der notwendige Breitbandausbau. Im internationalen Vergleich der Internetgeschwindigkeit schneidet Deutschland mit Platz 22 eher mittelmäßig ab, so dass hier eindeutig noch Verbesserungspotential besteht:

Durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeiten der Internetanschlüsse

  1. Südkorea 26,7 Mbit/s
  2. Schweden 19,1 Mbit/s
  3. Norwegen 18,8 Mbit/s
  4. Japan 17,4 Mbit/s
  5. Niederlande 17 Mbit/s
  6. Hong Kong 16,8 Mbit/s
  7. Schweiz 16,7 Mbit/s
  8. Lettland 16,7 Mbit/s
  9. Finnland 16,6 Mbit/s
  10. Dänemark 16,1 Mbit/s
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    22. Deutschland 12,9

Quelle: akamai.com

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, drückt sich zu dem Thema drastisch aus: „Wir haben in Deutschland ein riesiges Problem mit der digitalen Infrastruktur und eine der schlechtesten digitalen Infrastrukturen in ganz Europa. Das ist mittel- bis langfristig ein Wettbewerbsnachteil.“

Technologien des Ausbaus

  • FTTH
  • Fibre to the home: Verlegung von Glasfaserkabeln bis zum Anschluss im Haus und am Router
  • Geschwindigkeiten von ca. 200 Mbit/s erreichbar
  • FTTC
  • Fibre to the curb: Verlegung von Glasfaserkabeln bis zum nächsten Verteiler (Kabelverzweiger), danach Kupferleitung
  • Etwa 50 Mbit/s erreichbar
  • Vectoring
  • VDSL2-Vectoring: Durch den Ausgleich von elektromagnetischen Störungen zwischen den Leitungen kann eine Verdopplung der Bandbreite in Kupferkabeln erreicht werden
  • 50 – 100 Mbit/s erreichbar

Investition in Glasfaserkabel zu teuer für die Telekom

Quelle: Telekom
Quelle: Telekom

Die Telekom widerstrebt dem flächendeckenden Ausbau der Glasfasertechnik. Zum einen sieht es die Telekom nicht als notwendig an, alle Haushalte mit derart schnellen Anschlüssen zu versehen, weil der Bedarf für Internetgeschwindigkeiten von bis zu 200 Mbit/s momentan nicht bestünde.

Zum anderen ist die Kostenfrage zu klären. Laut Experten würden sich die Kosten für einen deutschlandweiten FTTH-Ausbau auf ungefähr 80 Milliarden Euro belaufen. Diese seien von der Telekom nicht zu stemmen und die Mitbewerber machen auch keine Anstalten, Kosten zu übernehmen.

Daher sieht der Telekommunikationsriese auch das Vectoring als sinnvolle Alternative. Die gegebene Infrastruktur muss nicht neu errichtet werden, sondern kann quasi ein Update erfahren. Das ist zweifellos weniger aufwendig und gestaltet sich nicht derartig kostenintensiv wie der Ausbau des Glasfasernetzes. Darüber hinaus will die Telekom mit zukünftigen und besseren Vectoring-Verfahren das Optimum aus den Kupferkabeln ausschöpfen und Geschwindigkeiten jenseits von 100 Mbit/s erzielen.

Kritiker mit Vectoring nicht zufrieden

Auf der anderen Seite sehen die Kritiker der Telekom in der geplanten Verbesserung des Netzes durch die Vectoring-Technologie nur eine Zwischenlösung. Dadurch würde die notwendige Verbesserung der „digitalen Infrastruktur“ nur aufgeschoben.

Nachdem die Bundesnetzagentur für das Vectoring-Verfahren grünes Licht gegeben hat, ist es nun an Brüssel, zu entscheiden, ob das Verfahren umgesetzt werden darf. Allerdings haben nach der positiven Entscheidung der Bundesnetzagentur zahlreiche Verbände und Mitbewerber der Telekom bei der EU-Kommission Protest eingelegt. Neben dem Wegfall der wirtschaftlichen Grundlage für den Ausbau mit Glasfaserkabeln entstünde außerdem eine Re-Monopolisierung.

Diese Angst liegt in der Tatsache begründet, dass die Telekom die Kontrolle über sämtliche, betroffene Leitungen benötigt, um das Vectoring anzuwenden. Dadurch können andere Betreiber keine eigene Technik an den genutzten Verteilern installieren und fürchten dadurch Wettbewerbsnachteile.

Laut der Telekom betrifft dies aber nur einen kleinen Teil der 9,6 Millionen vermieteten Teilnehmeranschlussleitungen (TAL). Denn nur jene TAL, die bis zu einem Kabelverzweiger reichen, sind von der Einführung der Vectoring-Technik betroffen.

Für diese, laut Telekom etwa 140.000 Fälle, müsse eine Lösung gefunden werden. Diese Zahl betrifft allerdings nur die momentan an Mitbewerber vermieteten Anschlüsse. Zukünftige Verbindungen von Kupferkabeln, die von dem Vectoring-Verfahren profitieren, können voraussichtlich ebenfalls nicht von Konkurrenten genutzt werden.

Interessenkonflikte aufheben durch vollständige Privatisierung

Der Staat agiert im Falle der Telekom in einer Doppelfunktion. Zum einen ist er Gesetzgeber und zum anderen Teilhaber des Konzerns. So werden auch kritische Stimmen von Politikern wie dem Minister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, Alexander Bonde, immer lauter.

„Bisher ist Deutschland auch wegen der Sonderrolle der Deutschen Telekom eines der Schlusslichter beim Breitbandausbau in Europa.“ Die Förderbank KfW und der Staat halten mit ihren 31,8% Aktien im Wert von etwa 20 Mrd. Euro. Nach Veräußerung der Aktien könnte ein erheblicher Teil des Geldes in den Ausbau der Infrastruktur investiert werden.

Geld regiert den Breitbandausbau

Und an Geld fehlt es nun mal beim Breitbandausbau. Die gesteckten Ziele der Bundesregierung unter der Leitung des zuständigen Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt sind nur mit erheblichen Investitionen zu erreichen: Bis 2018 soll jeder Bürger in Deutschland die Möglichkeit haben, mit einer Geschwindigkeit von 50 Mbit/s im Internet zu surfen.

Im August 2015 hat der Bund rund 2,7 Mrd. Euro in die Hand genommen, um den Breitbandausbau in ländlichen Gebieten, in denen die privaten Unternehmen aus ökonomischen Gründen kaum aktiv werden, voranzutreiben. Vor allem schlecht versorgte Kommunen können von dem Bundesförderprogramm profitieren.

Die Monopolkommission, die dem Bund geraten hat, ihre Anteile an den ehemaligen Staatskonzernen Telekom und Post zu verkaufen, sieht in dem Bau und Betrieb passiver Netzinfrastrukturen durch kommunale Unternehmen keine Probleme, so dass hier der Ausbau unter staatlicher Mithilfe beflügelt werden kann.

Veröffentlicht von:

Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche gehört seit 2009 der Redaktion Finanzratgeber 24 an. Sie schreibt als Journalistin über aktuelle Finanzprodukte und gibt Hilfen bei der Suche nach seriösen Geldanlagen. Alexandra ist Mitglied im DPV (Deutscher Presse Verband - Verband für Journalisten e.V.). Sie ist über die Mailadresse der Redaktion erreichbar: redaktion@finanzratgeber24.de

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Alexandra Rüsche gehört seit 2009 der Redaktion Finanzratgeber 24 an. Sie schreibt als Journalistin über aktuelle Finanzprodukte und gibt Hilfen bei der Suche nach seriösen Geldanlagen. Alexandra ist Mitglied im DPV (Deutscher Presse Verband - Verband für Journalisten e.V.). Sie ist über die Mailadresse der Redaktion erreichbar: redaktion@finanzratgeber24.de

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